STUBE informiert
Bündnis erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung
Kritisch verschuldete Staaten weltweit – Verschuldungsgrad sogenannter Entwicklungs- und Schwellenländer (dunkel-orange: sehr kritisch, mittel-orange: kritisch, hell-orange: leicht kritisch, hell-grau: nicht kritisch, dunkel-grau: keine Daten vorhanden, weiß: vom Internationalem Währungsfonds nicht als Entwicklungs- oder Schwellenland kategorisiert oder zur Europäischen Union gehörig, Datenstand: 31.12.2022)
Bildung für alle statt Schuldendienst
Hochwertige Bildung für alle – so lautet knapp zusammengefasst das vierte der 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz: SDGs), zu deren Realisierung sich die Vereinten Nationen in ihrer Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verpflichtet haben.
Die ungleiche Verteilung von Bildungschancen ist ein Problem, dessen sich viele junge Menschen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa sehr bewusst sind, wenn sie sich auf den Weg nach Deutschland machen, um sich hier für ihre berufliche Zukunft zu qualifizieren. In manchen ihrer Herkunftsländer ist bislang nicht einmal sichergestellt, dass jedes Kind eine Grundschule besucht. Die weltweite Gewährleistung hochwertiger Bildung für alle liegt – ebenso wie auch weitere Ziele der UN-Nachhaltigkeitsagenda – in so weiter Ferne, dass ihre Realisierung nicht nur bis 2030 unmöglich, sondern auch weit darüber hinaus ungewiss erscheint.
Eine der Ursachen dieses Problems liegt darin, dass zahlreiche Länder unter einer sich immer kritischer zuspitzenden Staatsverschuldung leiden. Der jährliche Schuldendienst belastet ihren Staatshaushalt bereits so sehr, dass nicht genügend Mittel für höhere Investitionen in Bildung, Gesundheit und andere Bereiche öffentlicher Daseinsvorsorge übrigbleiben.
Fast die Hälfte der Menschheit lebt in Ländern, in denen staatliche Ausgaben für die Begleichung des Schuldendienstes höher sind als für Bildung oder Gesundheit. Zu diesem Ergebnis kommt der von einer Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen erstellte und 2023 veröffentlichte Bericht „A world of debt“.
Das Bündnis „erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung“ setzt sich gemeinsam mit internationalen Partnerorganisationen dafür ein, dass die Menschenrechte der Bevölkerung überschuldeter Staaten Vorrang vor den grundsätzlich legitimen Forderungen der Gläubiger erhalten. Im Rahmen rechtsstaatlicher Verfahren sollten überschuldete Staaten so weit wie nötig entlastet werden, um ein menschenrechtlich begründetes Maß an öffentlicher Daseinsvorsorge gewährleisten und nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 voranbringen zu können.
Als größtes entwicklungspolitisches Bündnis in Deutschland hat erlassjahr.de über 500 Mitträgerorganisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft. Darunter sind auch einige STUBE-Träger wie z.B. die Evangelische Kirche von Westfalen (Träger von STUBE Westfalen) oder das Ökumenische Informationszentrum e.V. in Dresden (Träger von STUBE Sachsen).
Auch in der STUBE-Bildungsarbeit wird kritische Staatsverschuldung als eines der zentralen Probleme für nachhaltige Entwicklung thematisiert. So war beispielsweise Malina Stutz, politische Referentin bei erlassjahr.de, 2022 bei STUBE Niedersachsen zu Gast im Seminar „Klimakrise und globale Gerechtigkeit“, um Zusammenhänge zwischen Klima- und Schuldenkrise aufzuzeigen (Bericht: KED-News 4/2022, S. 5f).
Mit Forderungen wie „BILDUNG FÜR ALLE #stattSchuldendienst“ oder „GESUNDHEIT FÜR ALLE #stattSchuldendienst“ hat erlassjahr.de schon wiederholt bei öffentlichen Aktionen darauf aufmerksam gemacht, dass die Agenda 2030 nur dann erfolgreich weltweit umgesetzt werden kann, wenn politische Maßnahmen zur nachhaltigen Überwindung von Staatsschuldenkrisen ergriffen werden. Aus STUBE-Sicht ist diesem Anliegen breite Unterstützung zu wünschen.
Ein Beitrag von Andreas Kurschat, Referent für entwicklungspolitische Bildungsarbeit mit Studierenden sowie für STUBE Niedersachsen beim Kirchlichen Entwicklungsdienst (KED) in Hannover und Vertreter der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers im Bündnisrat von erlassjahr.de
Aktionskonferenz von Brot für die Welt
„Internationalisierung der deutschen Hochschulen?! Anspruch – Wirklichkeit – Perspektive“
Wie international ausgerichtet sind deutsche Hochschulen wirklich? Was geht über das nette Image hinaus? Und wie sind überhaupt internationale Studierende bei der Transformation der Hochschulen hierzulande mit eingebunden? Diesen Fragen wurde bei der viertätigen Aktionskonferenz von Brot für die Welt Anfang April nachgegangen. Das größtenteils internationale Publikum nahm die deutsche Hochschullandschaft kritisch unter die Lupe und schon nach der einleitenden Keynote wurde klar, dass vor allem die Perspektive von Studierenden und Forschenden aus dem Globalen Süden bei den Internationalisierungsstrategien deutscher Hochschulen unter den Tisch fällt – immer noch! Gründe dafür gibt es zahlreiche.
Einer wäre zum Beispiel, dass Internationalisierung schlichtweg als Aushängeschild funktioniert, einzelne Studienprogramme zwar – meist – ins Englische übersetzt werden und für ausländische Studierende geöffnet werden, die gelehrten Inhalte und die Lehrpersonen selbst aber weiterhin aus Deutschland oder aus dem europäischen Ausland stammen. Wie schafft man es, dies zu überwinden? Aufgeteilt in vier Arbeitsgruppen, widmeten sich die Konferenzteilnehmenden diesem Problem und weiterführenden Themen. Das Netzwerken durfte an einem Tag Teil einer Arbeitsgruppe zur transformativen Hochschule sein und musste sich bei einem kleinen Input über unsere Arbeit genau diesen Eingangsfragen auch stellen. Denn ein Blick in die eigenen Reihen machte schnell deutlich, dass die meisten unserer Mitglieder und Aktiven deutschsprachige Studierende sind.
In einer anschließenden Diskussion sind wir den Fragen nachgegangen, warum ausländische Studierende, die – anders als Austauschstudierende – in einem festen Studienprogramm an deutschen Hochschulen studieren, wenige Möglichkeiten sehen, sich ehrenamtlich an ihrer Hochschule einzubringen. Und was wiederum Initiativen an Hochschulen oder Organisationen wie das netzwerk n in dieser Hinsicht verbessern können. Was wir also daraus mitnehmen, sind Kritik und Anregungen zur eigenen Arbeitsweise und Organisationsstruktur und den konkreten Auftrag, dies neu zu hinterfragen.
Ein Gastbeitrag von Rebecca Geyer